Die Schweiz, das geschmeidige Elektrovelo

von Gian Brun

2. Mai 2025

Der Schweiz geht es gut. Geschmeidig wie ein Elektrovelo touren wir durch die Zeit. Mit ein bisschen treten kommt die Geschwindigkeit von alleine, Ziele sind im Vergleich zu anderen Ländern mit wenig Anstrengung zu erreichen. Elegant und trotzdem sportlich, ehrgeizig und doch immer noch bodenständig. Das erfolgreiche Bestreiten des Weges ist quasi vorprogrammiert.

Doch unser Motor ist ins Stocken geraten. Nach fast zwei Generationen bergauf haben wir uns zu stark an den Wohlstand gewöhnt und sind bequem geworden. Mit der Coronakriese erlebten viele zum ersten Mal Knappheit und Lebensgefahr. Mit dem Krieg in der Ukraine doppelte das Schicksal gleich nach und die Folgen sind Inflation und Lieferengpässe, Energiemangel und Ratlosigkeit.

Doch anstatt sich in diesen stürmischen Zeiten selber den Velohelm aufzusetzen, fordern viele die Velorouten aus sanfter Watte zu bauen, um ein Umfallen möglichst angenehm zu gestalten. Was sie dabei vergessen ist, dass sich auf Watte schlecht fahren lässt.

Um die Inflationen zu bekämpfen, setzen Linke und Rechte auf populistische Massnahmen. So fordert beispielsweise SP-Nationalrat Matthias Aebischer analog zu Deutschland ein 9-Franken-Ticket. Dies führt zu unökonomischer Mobilität. Noch schnell auf Sylt, weil wir's können? Überfüllte Züge und Verspätungen sind die Folgen. Aber auch der Vorschlag von Rechter Seite, die Benzinpreise zu senken, ist falsch. Der Staat sollte auf den Energiemärkten Preissignale zulassen. Sie zeigen, wie knapp Benzin ist und belohnt jene mit höheren Gewinnen, welche die Verknappung mildern. Vielmehr muss die Inflation von der Nationalbank durch höhere Zinsen an der Wurzel gepackt werden. Die Folgen des Kaufkraftverlustes ist nicht zentralistisch durch politische Massnahmen sondern durch den Markt via Lohnanpassungen anzupacken. Einkommensschwache Haushalte, welche tendenziell stärker von der Inflation betroffen sind, sollen bei Bedarf direkt unterstützt werden.

Wer mithilft, die Knappheit zu lindern, soll seinen (bösen) Profit gefälligst wieder abgeben. Nein, diese Idee kommt nicht von einem Sozialisten, sondern vom Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Dahinter steckt ein völlig marktfremdes Verständnis von der Rolle von Preisen und Profiten. Sollen etwa Brennholzproduzenten stärker besteuert werden, weil die Furcht vor Stromausfällen die Preise für Cheminéeholz in die Höhe treibt? Höhere Preise setzen Waldbesitzern Anreize, mehr Holz als Brennholz anzubieten, und belohnen diejenigen, die vorausschauend produziert oder eingekauft haben. Die Gewinne daraus werden mit der Unternehmensgewinnsteuer besteuert. Übergewinne hingegen hebeln die Anreizmechanismen aus, welche die Marktwirtschaft so anpassungsfähig und erfolgreich machen.

Nun zeigt sich auch, wie verfehlt die Energiestrategie 2050 war, welche im Jahr 2017 knapp vom Volk angenommen wurde. Diese wollte einerseits die erneuerbaren Energien stärken, andererseits aber auch die eigentlich CO2-freien Atomkraftwerke abschalten. Da der Zubau der Erneuerbaren ausgerechnet von links-grünen Umweltverbänden oft mit Einsprachen bekämpft wurden, ist die Energiestrategie 2050 zu einer Importstrategie verkommen. Weil aber viele AKW’s in Frankreich in Revision sind und auch der Gaskraftstrom aus Deutschland reduziert ist, hat der Bund kürzlich den Schweizern zum Horten von Kerzen, Batterien und Cheminéeholz geraten. Nun geht unserem Elektrovelo also auch noch der Strom aus. Der Bund plant zudem im Ernstfall mit Rationierungen, obwohl diese höchst ineffizient sind. Würden stattdessen Reduktionen auktioniert, würden diejenigen Nutzer ihren Verbrauch am stärksten einschränken, die am kostengünstigsten und unter den geringsten Schmerzen Energie sparen können. So aber werden diejenigen bestraft, die bereits viel getan haben und nur noch unter hohen Zusatzkosten den Verbrauch weiter reduzieren können. 

Damit wir in Zukunft nicht zum lahmen Drahtesel verkommen, müssen wir uns selber wieder mehr zutrauen. Der Ruf nach dem Staat mag kurzfristig verlockend sein, doch langfristig wird er uns schaden. Vielmehr soll der Markt eine zentrale Rolle in der Problemlösung übernehmen und der Staat soll subsidiär, gezielt und effizient helfen, wenn der Markt versagt.

Artkel teilen:

Weitere Artikel